Wer kennt das nicht: Die Chefetage fährt in der Firmenlimousine vor, zückt das neueste IPhone und trägt lässig den Firmenlaptop unterm Arm, wenn der Arbeitstag so gegen 10 Uhr beginnt. Nach außen hin scheinen Führungskräfte oftmals privilegiert. Ob in Bezug auf die Arbeits- und Präsenzzeiten oder in Hinsicht auf die technologische Ausstattung, Chefs haben hier die Nase vorn. Stimmt das tatsächlich? Eine Studie im Auftrag von Steelcase und Ipsos Institute unter 12.480 Teilnehmern aus über 17 Ländern ging dieser Frage nach. Dabei kam auch Überraschendes zutage:
Das Chefbüro ist technologisch up to date
Wie eingangs schon beschrieben, finden sich firmeneigene Smartphones und Laptops tatsächlich mehrheitlich bei den Führungskräften. So nutzen 63 % der befragten Chefs ein Handy und 66 % ein Notebook auf Firmenkosten. Von den Angestellten gaben lediglich 39 % an, dass sie ebenfalls die neueste Kommunikationstechnologie von ihrem Arbeitgeber gestellt bekommen würden. Das hat offensichtlich auch Auswirkungen auf die Flexibilität der Arbeitszeiten und des Arbeitsortes. Denn während von den Führungskräften knapp zwei Drittel (63 %) frei über ihren Arbeitsort entscheiden können und 56 % dies auch regelmäßig für das Arbeiten im Homeoffice nutzen, dürfen von den Angestellten zwar 50 % individuell ihren Arbeitsplatz wählen. Doch gerade einmal 43 % wird die Arbeit im Homeoffice überhaupt ermöglicht. Entwickelt dies auch messbar Strahlkraft auf die Arbeitsmotivation?
Identifikation mit dem Unternehmen
Ob sich Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen identifizieren können, hängt stark davon ab, inwiefern das Unternehmen als Arbeitgeber integrativ wirkt. Die Arbeitsplatzstudie macht hier deutlich: 54 % der Beschäftigten haben das Gefühl, ihr Arbeitgeber hat ein echtes Interesse daran, dass sie sich am Arbeitsplatz wohlfühlen. Dabei fühlen sich die Führungskräfte mit 77 % jedoch deutlich mehr gesehen als die Angestellten (65 %). Auch können 76 % der Chefs persönliche Ideen direkter und einfacher ins Unternehmen einbringen als ihre Untergegebenen. Hier sehen nur 65 % konkrete Möglichkeiten durch eigene Überlegungen konstruktive Beiträge leisten zu können, während 35 % diese Form der individuellen Mitwirkung weitgehend verwehrt bleibt. Das wirkt sich schließlich auch auf die Lebensqualität am Arbeitsplatz aus.
Raum für Individualität = mehr Lebensqualität am Arbeitsplatz?
Am deutlichsten werden die hierarchischen Unterschiede in Unternehmen weltweit anhand der Raumaufteilung. Während Angestellte schon traditionell in Großraumbüros arbeiten und gerade einmal 21 % der Befragten angeben, auch als einfacher Mitarbeiter ein Einzelbüro nutzen zu können, arbeiten 58 % der Führungskräfte grundsätzlich in einem eigenen Raum. Das zahlt sich aus, denn 76 % der Chefs geben an, dass ein konzentriertes und effektives Arbeiten für sie kein Problem sei. Ihre Mitarbeiter stimmen dem jedoch nur bedingt zu, sodass 43 % vermerken, an ihrem Arbeitsplatz nicht ungestört arbeiten zu können. Kein Wunder, dass sich 67 % der Chefs daher entspannt am Arbeitsplatz fühlen, während dies nur 58 % der Angestellten von sich behaupten können. Ihre Lebensqualität am Arbeitsplatz bewerten die Angestellten daher mit der Note 6,5 (von 10). Führungskräfte vergeben hier immerhin noch die Note 7,1.
Fazit: Ist Unternehmenshierarchie tatsächlich unfair?
Die Arbeitsplatzstudie von Ipsos Institute und Steelcase macht zwar deutlich: Unternehmenshierarchien sind immer noch entscheidend dafür, welche und wie viele Privilegien ein Mitarbeiter genießt. Doch angesichts von Fachkräftemangel und Work-Life-Balance-Strategien bemühen sich Unternehmen zunehmend, hier nivellierend einzugreifen. Die Lösung liegt daher nicht in der Unterstreichung von Hierarchien, sondern vor allem in der individuellen Unterstützung jedes einzelnen Mitarbeiters: Erfordert zum Beispiel ein Projekt, dass ein Mitarbeiter konzentriert arbeiten muss, dann muss er sowohl räumlich als auch technologisch und zeitlich die Möglichkeit dazu haben. Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz kann in Zukunft nur dann wachsen, wenn auch die Arbeitsumgebung jeden einzelnen Mitarbeiter in seinem Denken und Arbeiten, beim Kreativsein und in seiner Kommunikation bestmöglichst unterstützt.
Gastautor: Daniela Fehrenbacher