Smart Data anstatt Big Data: Was wir von Tante Emma noch lernen können

Big Data im Handel
Big Data im Handel

Wer ist gerade krank? Wie viele Kinder leben im Haushalt? Welchen Hobbys wird nachgegangen? Was wird besonders gerne gegessen? Welchen Produkten wird vertraut? Und was wird regelmäßig benötigt? All diese und noch viele Fragen mehr wusste früher Tante Emma im Nu zu beantworten. Denn im Laden um die Ecke kauften alle ein. Mit offenem Ohr für jedermann und einem Lolli für künftige Stammkunden speicherte Tante Emma Tag für Tag Informationen über ihre Kunden. Ihr Elefantengedächtnis versetzte sie in die Lage, ihr Sortiment und ihre Werbemaßnahmen exakt auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft abzustimmen. Damit sicherte sie sich das Vertrauen ihrer Stammkunden. Moderne Unternehmen können heute davon – trotz Big Data – nur träumen. Denn angesichts der Masse an Daten, ist es ein wahres Marketingkunststück die Kundendaten auch tatsächlich smart und effizient für den Erfolg zu einzusetzen.

Datenvolumen steigt weltweit

Betrug das weltweite Volumen an gespeicherten Daten im Jahr 2005 noch geschätzte 130 Exabytes (1 Exa = 1 Trillion Bytes), steigerte sich diese Zahl bis 2012 auf circa 2,8 Zettabytes (1 Zetta = 1 Trilliarde) und für das Jahr 2020 wird von einem weltweit generierten Datenvolumen in Höhe von 40 Zettabyte ausgegangen. Doch auch wenn immer mehr Daten dauerhaft gespeichert werden, so ist der Umgang damit nicht immer einfach. Denn um überhaupt von Nutzen sein zu können, müssen diese Daten gesichtet und interpretiert werden. Die Herausforderung liegt hier eindeutig bei den Unternehmen selbst. In einer Diskussionsrunde des Verlags Werben & Verkaufen (W&V GmbH) weist Thomas Philipp, Market Research Group Manager bei Nestlé Deutschland darauf hin: „Wir stoßen an Infrastrukturgrenzen. Wir sind jetzt erst in der Lage, alle Daten zu halten und zu analysieren. An die Daten muss [jedoch] die richtige Frage gestellt werden. Und die muss so formuliert werden, dass ein Analyst sie versteht.“ Damit umreißt Philipp ein weiteres Problem, das die smarte Nutzung von Big Data immer noch stark untergräbt: Fachkundige Interpreten.

Analysespezialisten für wirklich wichtige Daten

Ganz klar, Tante Emma hatte einige Vorteile: Ihr Kundenstamm war überschaubar und reichte nicht bis an die Trillionengrenze. Sie hatte direkten, persönlichen Kontakt zu jedem einzelnen Kunden und war damit in der Lage zwischenmenschliche Facetten, wie Charakterfragen und nonverbale Kommunikation, mit in ihre maßgeschneiderten Kaufempfehlungen einfließen zu lassen. Tante Emma lebte also persönliche Kundenbetreuung as it`s best. Doch Michael Stenberg, Global Vice President, Digital Marketing von Siemens macht hier eindeutlich klar: One-to-One-Marketing müsse nicht zwingend ein Interesse am einzelnen Menschen haben. Entscheidender sei die Bildung von sinnvollen Kunden-Clustern. Dank smarter Analysen könnten diese dann „breit genug“ sein, um trotzdem jene „individuellen Gefühle“ zu vermitteln, wie dies einst auch schon Tante Emma erfolgreich tat. Damit dies gelingt, müssen jedoch neue Wege in der Kommunikation zwischen Analysten, Entscheider und Marketer gefunden werden. Das Zauberwort heißt hier Data Storytelling.

Data Storytelling: Mit Geschichten zum Verkaufserfolg

Als „mentale Barriere“ beschreibt Stenberg die Kommunikation zwischen Topmanagern und Datenanalysten. Dieselbe Sprache zu sprechen, ist hier jedoch unabdingbar. Daher rät Stenberg: „Analysten müssen lernen, für ihre Daten eine Story zu kreieren, sonst steigen Topmanager schnell aus.“ Generell sehen die Experten hier auch viel Potenzial für eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen jungen und erfahrenen Mitarbeitern. Denn mit Daten können Entscheidungen zwar besser getroffen werden. Doch erst das spezielle Wissen über das Geschäft und die unternehmerische Erfahrung ermöglichen es, die Daten erfolgsversprechend zu interpretieren und an der richtigen Stelle gewinnbringend einzusetzen. Dann erst kann es gelingen, mit modernsten Marketingmethoden Tante Emmas Erfahrung aus 30 Jahren Bauchgefühl auch tatsächlich erfolgreich zu kompensieren.


Gastautor: Daniela Fehrenbacher