Ist Jobsharing immer noch ein Nischenphänomen?

Zielgruppenbestimmung
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Es klingt eigentlich so einfach: Ein Arbeitsplatz wird einfach von zwei gleich qualifizierten Fachkräften besetzt, die sich ab sofort nicht nur das Gehalt und die Arbeitszeit teilen, sondern auch die Verantwortung und die Entscheidungen. Als „Mini-Team“ agieren sie gemeinsam nach außen, entwickeln nach innen idealerweise ihre Stelle konsequent weiter und bringen somit auch das Unternehmen langfristig voran. Doch in der Praxis stößt das Job-Sharing noch auf viele Widerstände. Warum?

Jobsharing: Theoretisch ein Idealzustand

Wer sich als Arbeitnehmer oder Führungskraft fürs Jobsharing interessiert, ist in der Regel hoch motiviert, engagiert, kommunikativ, aufgeschlossen, kreativ und extrem teamorientiert. Alles Eigenschaften, die jedes Personalerherz höherschlagen lassen würden. Und tatsächlich: auch der Arbeitgeber profitiert deutlich vom Jobsharing-Modell. Denn kündigt ein Teil des Mini-Teams oder fällt krankheitsbedingt aus, dann entsteht dem Unternehmen kein Wissensverlust und auch wichtige Entscheidungen können weiterhin kompetent getroffen werden. Doch auch Jobsharer haben ihre Wünsche: sie wollen in der Regel mehr individuelle Entwicklungsräume, mehr Entscheidungsfreiheiten, mehr Flexibilität und last but not least mehr freie Zeit. Trotzdem sind in der Realität geteilte Jobs empirisch immer noch kaum nachzuweisen und fallen daher auch in keiner Arbeitsmarktstatistik auf. Doch warum ist das so? Wo liegen die Grenzen des Jobsharing-Modells? Und lassen diese sich in Zukunft erfolgreich überwinden?

Jobsharing in der Praxis ist anspruchsvoll

Auch wenn ein Unternehmen die organisatorischen Voraussetzungen schafft, dass sich zwei Arbeitnehmer eine Stelle teilen können, so muss es auch menschlich funktionieren. In der Realität scheitern viele Jobsharing-Stellen genau daran: das Mini-Team findet sowohl in seinem Leistungsanspruch als auch in der Kommunikation schlichtweg nicht zusammen. Auch wenn daher beide Arbeitnehmer denselben Wissensstand und dieselben Fähigkeiten und Erfahrungen mitbringen, ist das noch lange keine Garantie dafür, dass auch das Grundverständnis von Arbeit zwischen beiden übereinstimmt. Zumal eine Jobsharing-Stelle grundsätzlich bis zu 20 % mehr Arbeitszeit von beiden Arbeitnehmern fordert, da sie sich kontinuierlich austauschen müssen. Das heißt, aus 50 % Teilzeit werden schnell 70 %, die auch in Bezug auf das Gehalt mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden müssen. Letzterem wird ebenfalls mehr abverlangt als bei einer gewöhnlichen Jobvergabe. Denn er muss für klare Richtlinien Sorge tragen und schon im Voraus Antworten auf Fragen, wie diese, haben: Was ist, wenn einer im Arbeitstandem einen Fehler macht oder nicht zuverlässig arbeitet? Wie werden Leistungsprämien vergeben? Wird im Falle einer Kündigung auch der Partner gekündigt? Wie können Beförderungen gestaltet werden?

Fazit: Jobsharing bleibt eine Nische

Auch wenn sich viele Arbeitnehmer und auch Führungskräfte eine Halbierung ihres zeitlichen und monetären Engagements auf dem Arbeitsmarkt durchaus vorstellen können, so verlangt das Jobsharing gerade menschlich viel von allen Beteiligten ab. Unternehmen gehen daher diesen Weg in der Regel nur dann, wenn der entsprechende Mitarbeiter darauf besteht und sein Wissen und seine Fähigkeiten auch überaus wertvoll für den weiteren Erfolg des Unternehmens sind. Vor dem Hintergrund immer flexibler werdender Arbeitszeitmodelle, die inzwischen eine Menge Alternativen zum Jobsharing-Modell bereithalten, wird dem Jobsharing daher auch weiterhin keine arbeitsmarktrelevante Erfolgsgeschichte prognostiziert. Ganz im Gegenteil: Jobsharing wird eine interessante Nische für einige wenige, hoch engagierte Arbeitnehmer und Unternehmen bleiben.


Gastautor: Daniela Fehrenbacher